15. April 2015

Archetypen: Konzept A - Linien

Bevor wir uns aber auf das lustige Thema Filmrollen stürzen, wollte ich als erstes noch ein sehr grundlegendes Konzept erklären, die Linien.

Das Prinzip bei den Linien ähnelt jenem der Farbtypen: wiederhole in deiner Kleidung die Farben/Linien, die in deinem Körper vorkommen.

Was genau sind jetzt die Linien, auf die man achtet?

Linien im Körper - welche Comicfigur wärst du?

Wir haben hier ja Kaffeehausstimmung, und so hätte ich dir das auch auf einer Serviette erklärt:

Blog-Award krieg ich für meine Schmierpapier-Illu sicher keinen haha! (Falls es nicht klar ist: das sind stilisierte Körperformen von Schultern, Rumpf, Hüften)

Links ein stilisiertes Beispiel für eine Frau, die  in ihrem Körper sehr runde Formen hat. Rechts eine Frau mit ganz eckigen Formen. Es gibt auch noch Dreiecke und Ovale und S-Kurven und Zickizacki und Mischungen und Mitteldinger und weiß der Teufel was noch. Ja, es geht hier um Eindrücke - wie würde man einen Menschen in eine 2D-Comic-Figur übersetzen? Oder karikieren? Du als Hauptfigur in einem Adventure - wirst du eher mit dem Kurvenlineal oder dem Geodreieck gezeichnet? Oder beiden?

Was kann nun alles rund oder eckig sein? Besonders auffällig sind natürlich Schultern, Hüften, Kiefer/Kinn und Lippenbögen. Auch die Körperhöhe und Silhouette zählt zu den Linien. Aber man könnte wenn man wollte noch viel mehr Linien sehen, Nasenflügel, Augenbrauen, Fingerkuppen und wie die Zehen stehen und so. Die sind nicht an oberste Stelle relevant, aber gehören zum Gesamtbild natürlich mit dazu.

Linien und Kleidung - Schnörksel vs. Geometrie

Es gilt als harmonisch, wenn man diese Linien in seiner Kleidung wiederholt.  Das fängt im Großen an: wer zum Beispiel sehr lang wirkt, wirkt super in Sachen, die zu dieser Länge passen und sie auch betonen (Maxikleider, hui! Sehr viel besser meist als knielange Kleider in diesem Fall). Das klappt auch im Kleineren: wer aus vielen runden Linien besteht, der empfindet meist auch gerundete Muster, Schuhspitzen, Schmuck als am Passendsten.
(Das alles kommt noch viel genauer, jetzt gehts nur ums Prinzip!)

Auf die Schnelle fallen mir auch zwei Beispiele ein:
Hier ist Rooney Mara, ziemlich eckige Dame. Wirkt super in eckigen, edgy Sachen. Ich weiß nicht, wer sie hier bitte in lauter rundes Zeug (in diesem Fall die Locken) gepackt hat. Man erkennt sie kaum wieder. WTF?
Kate Winslet dagegen ergibt in Locken (und Schnörkselrankenspitze) absolut Sinn. In Divergent haben sie sie in ganz cleane gerade Linien gepackt (Kleidung, Frisur), ich hätte sie fast nicht wiedererkannt.

Verstehst du ein bisschen, was mit Linien gemeint ist?

Diese Linien kann man wie gesagt auch am restlichen Körper sehen. Es gibt zum Beispiel sowohl bei Männern als auch bei Frauen schnurgerade Schultern, die mit der Wasserwaage ausgerichtet scheinen und es gibt ganz gerundete Schultern, von denen Träger so gerne runterrutschen. Es gibt unabhängig vom Geschlecht Hüften, die wie ein Kreis wirken und welche, die eher ein Quadrat sind. Runde, quadratische oder rechteckige Handteller. Auch Zehen können im Halbkreis stehen oder einen schnurgeraden Abschluss haben (so als ob sie eben für runde oder gerade Schuhspitzen prädestiniert wären) Lauter solche Sachen.

Links runde, rechs eckige Linien im Schulterbereich.
Selbe Körpergröße, selbe Haarfarbe, selber Farbtyp, selbes Kleid. Und doch ist in diesem Bild links und rechts alles so anders. Links, das bin ich. Schmale gerundete Schultern, weich wirkende Oberarme. Rechts, das ist meine Freundin - was bei mir gerundet ist, ist bei ihr linealgerade. Wie unsere Schlüsselbeine liegen, wirkt bei mir wie eine leichte Kurve, bei ihr wirkts ganz gerade bis fast schon leicht dreieckig. Die Schulterlinie Hals-Schultergelenk ist bei mir geschwungen, bei ihr viel geometrischer. Zick-zack-zick. Sogar ihr Schultergelenk ist genau betrachtet keine Kurve, sondern eckig. Deswegen hab ich hier bei mir einen Kreis und bei ihr ein Quadrat dazugemalt, um das zu demonstrieren. Unsere Oberarme - bei mir folgt die Außenlinie einer leichten Kurve, bei ihr gehts - zack - schnurgerade runter. Witzig auch, dass man sogar in diesem kleinen anonymen Ausschnitt sieht, wie komplett unterschiedlich das selbe Cocktailkleid an uns sitzt. Während man bei mir genau sieht, dass sich da weiter unten eine deutliche Taille verjüngt, gehts bei meiner Freundin fast ganz gerade runter. Das Kleid war für ihren geraden Körper nicht schmeichelhaft.
Auf den ersten Blick bild ich mir auch immer ein, ich würde das Oberteil besser ausfüllen als meine Freundin, dabei sind einfach nur die Linien an meinem Körper passend - ausfüllen tun wir das Oberteil beide nicht :D

Das mit den Linien wird bei den Archetypen nicht zu stark im Detail gesehen. Es wird auch niemand mit dem Geodreieck abgemessen. Es geht stärker um Eindrücke: Wirkt dieses Gesicht, diese Schultern, Arme, Hüften etc. im Gesamtbild eher kantig auf mich oder eher weich und rund? Was fällt mir als erstes auf? Wie sind die Proportionen im Groben? (Langer Körper, kurzer Körper, Taille eng oder gerade, Schultern breit oder schmal etc.) Interessant wird es, wenn jemand zwar maßbandtechnisch eine stärker ausgeprägte Taille hat, die jedoch im Vergleich zu den starken Schultern einfach nicht auffällt.

Ich sehe in meinem Gesicht sehr viele runde Linien. Sowohl mein erster Eindruck ist "rund", als auch die Details. Lippenbögen, Nasenflügel, Ohrläppchen, Unterlippe - alles ziemlich exakte Halbkreise eigentlich. Mein Kiefer ist gerundet und nicht grade scharf geschnitten. Meine Augen sind runde Rehaugen. Meine Zehen stehen im Kreis. Ich bin zu einem überwiegenden Großteil "ähnlich" wie die linke Frau auf der Schmierpapier-Illu, nur wengier üppig und von Natur aus nicht lockig.
Es klappt gut, wenn ich diese Eigenschaften auf meine Kleidung übertrage: Mir stehen am besten runde Ausschnitte, Creolen und tropfenförmige Ohrringe und Schnörkselmuster. „Eckiges“ wie eckig-geometrische Muster oder eckige Ausschnitte etc. wirken hart und fremd an mir.
Meine Freundin vom oberen Beispiel wirkt super in cleanen Schnitten und geometrischem Understatement. Das gibt ihren symmetrischen, recht ausbalancierten und eher eckigen Körper wieder. Runde Formen wie oben das Kleid sind, wie man auch in diesem Ausschnitt erahnen kann, ziemlich seltsam an ihr.

Aber nicht alle Menschen sind so eindeutig entweder „rund“ oder „eckig“, es ist eher eine Skala, an der ich zum Beispiel stark (aber nicht 100%) am „runden“ Ende steh oder Rooney Mara stark (aber nicht 100%) am „eckigen“ Ende - kommt noch alles. Also keine Panik, wenn du jetzt grade an dir selbst vielleicht noch nicht ganz so schlau wirst (und wenn du auch noch nicht ganz kapierst, was ich in der Beschreibung meiner "symmetrischen Freundin" gemeint hab). Das mit den Linien soll ja auch erst mal das Konzept erklären und dein Auge schulen.

Welche Linien siehst du bei dir selbst? Hast du jetzt auch Angst, Menschen zu lange anzustarren, weil du ihnen gedanklich Linien drauf malst? Hast du Fragen?


9. April 2015

Archetypen

Es gibt verschiedene Ansatzpunkte, wie man seinen Stil findet.
Für manche Menschen ist Kleidung vor allem Kunst – einige Designer sind sogar so experimentierfreudig, dass ihre Kleidung und Schuhe gar nicht unbedingt dafür gedacht sind, sie anzuziehen, sondern reine Kunstgegenstände sind. Die Frage, was guter Stil ist, orientiert sich hier wohl an ähnlichen Gesichtspunkten, wie sie auch für bildende Kunst gelten.
Die vermutlich meisten Menschen möchten durch ihre Kleidung ihr Innerstes darstellen, ihre Werte und ihren Geschmack. Guter Stil passt dann zu Charakter und Persönlichkeit. Das ist die „Software“, über die ich schon ansatzweise geschrieben hab (und über die ich später doch noch mehr bringen möchte).
Ein weiterer Ansatz sind die Archetypen. Sie bleiben auf der Oberfläche, was sie aber deswegen nicht uninteressanter macht. Hier wird versucht, aus Kleidung und Körper ein harmonisches Bild zu gestalten, indem die Kleidung den Körper sozusagen imitiert. Es wird äußere Authentizität angestrebt.
Diese Konzepte lassen sich aber auch wunderbar verbinden, sodass jeder sich aus allem rauspicken kann, was er mag.

Was sind Archetypen? Da hab ich jetzt selber nachschauen müssen. In der Philosophie und der Psychologie sind das offenbar bissl verschiedene Dinge. Ich kenn mich leider mit beidem nicht aus. Ich habs so verstanden, dass Archetypen Vorstellungen von bestimmten sozialen Rollen sind, die der Menschheit ureigen ins Hirn gebrannt scheinen. Egal aus welcher Kultur oder Zeit, jeder hat ein ähnliches Bild vor Augen, wenn er die Begriffe Weise Frau, Krieger oder Mutter hört.
Die Archetypen auf den Stil bezogen, liegen stärker auf einer popkulturellen Basis und sind bestimmt auch ziemlich eurozentristisch. Aber wir alle haben ebenfalls ein sehr homogenes Bild vor Augen, wenn wir Begriffe hören wie Girl next Door, Amazone oder Hell's Angels Biker. Ein bisschen sind Archetypen auch wie Filmrollen, oder?
Kleiner Teaser: Hast du dich nicht auch schon mal gefragt, warum manche Schauspieler bestimmte Rollen so besonders glaubwürdig verkörpern oder (bei Literaturverfilmungen zB) unterschiedliche Schauspieler in den selben Rollen nicht nur wegen ihrer unterschiedlichen Interpretation der Rolle ganz anders wirken? Manche Leute sind richtig prädestiniert für bestimmte Rollen - Tilda Swinton als überirdische Vampirfrau, oder Jennifer Aniston als lässig-starkes Girl next Door. Adrien Brody könnte nie eine Kante von Biker spielen, und Monica Belucci wäre als kumpelhafte Hiphopgöre auch nicht so wirklich glaubhaft. Diese Frage nach Filmrollen wird hier dann recht zentral (und hoffentlich unterhaltsam) sein. 

Bei den Farbtypen haben wir schon gesehen, Menschen empfinden es als harmonisch wenn die Kleidung körpereigene Farben wiederholt. Mensch und Hülle werden zu einer authentischen Einheit, wodurch wir das Gefühl haben, wir sehen den Menschen selbst (und nicht seine Kleidung). Wie wir eine Farbe wahrnehmen, hat mit dem Kontext zu tun, in den wir sie setzen. Die Farbe Lachs wirkt neben Kürbisorange wie Rosa und neben Fuchsia wie Orange. Setzen wir unseren Körper in den falschen farblichen Kontext, wirkt er seltsam: Ein True Summer wirkt gelblich und kränklich in Rostrot, ein True Winter angestaubt bleich in sanftem Taubenblau. In den jeweiligen passenden Farben dagegen ergibt alles Sinn.
Bei Archetypen geht’s um das gleiche, nur statt Farben sind es nun Linien und Formen und Vibes.

Archetypen sind ein bisschen komplexer und auch abstrakter als Farbtypen, es gibt leider auch eher wenig Info im Netz (weswegen ich mich schon so lange dafür drücke, diese Reihe zu schreiben).
Namen haben die Archetypen im Netz auch andere: Image Identity, Image types, Style Identity, Archetypes, Style Archetypes, Essences, Kibbe types (David Kibbe ist ein Stilberater, der auf Basis der Archetypen arbeitet(e)) sind mir alle schon mal untergekommen.
Nachtrag: Man muss nur aufpassen, dass sich nicht alle Stiltypen die man im Netz findet auch wirklich auf die "Hardware" beziehen. Die meisten gehen von der "Software" aus: Persönlichkeit, Geschmack, Lebensstil. Das Verwirrende dabei ist leider, dass viele Stiltypennamen gleich verwendet werden.

Es gibt vier Konzepte, die man verstehen muss, um die Archetypen zu verstehen. Die werd ich natürlich als erstes versuchen zu erklären und auch mit Anschauungsmaterial versehen.
Dann wird es konkret: es gibt natürlich StilberaterInnen, die diese Konzepte anwenden und ihre eigenen Stilsysteme/Archetypensysteme daraus gebastelt haben. Die beiden verbreitetsten werde ich vorstellen und auch möglichst viel Anschauungsmaterial verlinken.
Was dann kommt, weiß ich noch nicht – es kommt ganz auf eure Fragen zu dem Thema an und was mir sonst so am Weg noch einfällt.Vielleicht auch Ideen, wie man trotzdem Inspiration draus ziehen kann, auch wenn einem das doch eher abstrakte Konstrukt nicht so zusagt. Mal sehn.
Auf jeden Fall gibt’s dann hier in diesem Einstiegsposting ein Inhaltsverzeichnis.

Die Archetypen gehören zur Blogreihe Operation Kleiderschrank.

Inhaltsverzeichnis
Konzept A: Linien
Konzept B: Yin und Yang
Konzept C: Filmrollen und Essences
Konzept D: Stil
System A: Kibbe
System B: Kitchener

1. April 2015

Obst und Körperproportionen

Heute geht es um Körpertypen, die ich persönlich immer nur "die Obsttypen" nenne. Ich glaube, wir alle kennen sie: Birne, Apfel, Säule, Sanduhr, Dreieck.

Ich brauch da ja nicht viel drüber schreiben, die Obsttypen sind aus diversen Frauenzeitrschriften bekannt, wenn auch nicht in tiefergehenden, praxisnäheren Details -

zu denen möchte ich dir diese vier Quellen empfehlen:


Die Modeflüsterin - Sehr guter deutschsprachiger Blog zum Thema, richtet sich zwar an Frauen jenseits der 35, das heißt ja nicht dass man sich als jüngere nicht auch was mitnehmen könnte.

How to look good - Unter der Rubrik "dress for your shape" habe ich zum ersten Mal eine Anleitung gefunden, die nicht davon ausgeht, dass kleine Frauen automatisch auch eine knabenhafte Figur haben. Es gibt ausführliche pdfs mit Tipps zu den jeweils empfohlenen Kragenformen, Hosenschnitten und Farbwahl.

Trinny and Susannah - über diese beiden Frauen stolpert man oft im Netz. Sie unterscheiden viel feiner zwischen den Körperformen und bringen realistische Alltagsbeispiele. Infos findet man zum Beispiel hier und hier.

Inside Out -  Auch hier gibts unter Body - Body Shapes alltagsnahe Bilder und Tipps, über die du wahrscheinlich auch auf pinterest schon gestolpert bist. Auch viele andere Tricks finden sich hier, nicht nur Obsttypen.


Tut mir leid für jegliche Herren, die hier mitlesen (lesen hier überhaupt Männer mit?), aber ich hab nur Infos für Frauen gefunden. Die grundlegenden Prinzipien wie Proportionen, Goldener Schnitt und "Blickpsychologie" sind aber universell und in der Praxis flott umübersetzt.

Es mag vielleicht nicht immer alles funktionieren (bei mir Birne loosen zB die empfohlenen A-Linienröcke voll ab), aber man schult auf alle Fälle seinen Blick.

Es ist auch ein guter Einstieg in das Thema Archetypen, das ich ab nächster Woche präsentiere.

Nachtrag: Anuschka von into-mind hat hier ihre Gedanken zu den Obsttypen aufgeschrieben. Ich wollte das Thema neutral präsentieren, aber finde ihre Sichtweise durchaus berechtigt. Ich bin selber kein Fan von den Obsttypen und würde zB Trinny und Susannah in ganz vielen Punkten/Makeovers massiv widersprechen. Aber wer was hilfreich findet, ist halt individuell. Und wenn man sagt, Körpertypen sind Mist, jeder soll anziehen können, was er/sie will, dann hat das für mich auch den Subtext von "Jedem steht alles" - was halt leider nicht stimmt. Was hier nämlich mitschwingt ist: ... und wenn es dir nicht steht, ist was mit dir verkehrt. Ich hab selber ein paar Dinge aus den Links oben mitnehmen können, auch wenn ich die Archetypen halt einfach wirklich enorm hilfreicher gefunden hab, die sind zwar komplexer, haben aber eine weitaus höhere Zufriedenheitsquote. Letzlich gilt aber: Jeder ist anders, jedem hilft was anderes, jedem sagt was anderes zu.

Die Obsttypen sind Teil meiner Operation Kleiderschrank.

Ich bin eine Petite Pear, und du?





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